Biografie

Jakob Schilling Arch. ETH SIA BSA

Jakob Schilling Arch. ETH SIA BSA

Kurzer Lebenslauf

Geboren am 21.1.1931, Bürger von Kilchberg Zürich, Sohn von Otto Schilling, Tiefbauingenieur und Direktor bei Walo Bertschinger, Zürich, Sohn eines SBB-Lokomotivführers und Martha-Schilling-Keller, Chefsekretärin bei Grieder in Zürich, Tochter eines Landwirtes im Zürcher Oberland.

Kantonales Gymnasium in Zürich mit Lateinmatur, ETH-Diplom 1956 bei Prof. Hans Hofmann, je sechs Monate Praxis in Finnland im Architekturbüro der finnischen Staatsbahnen und in Paris bei Pierre Vago und Jean Dubuisson. Studienaufenthalt in Ägypten (Stipendiat ETH).

Angestellter Architekt bei Rudolf Olgiati in Flims, Prof. H. Hofmann in Zürich und Häfeli, Moser, Steiger in Zürich und Genf (CERN).

Eigenes Büro seit 1959. Seit 1962 verheiratet mit Sabine Schilling-Tschudi, dipl. Psychologin und Ergotherapeutin, drei Kinder: Julian 1963 (Arzt), Eva 1965 (Schulleiterin & Systemische Beraterin), Erika 1969 (Juristin), sieben Enkelkinder.

Tätigkeitsbereiche

  • Planung: Gemeinde-, Stadt- und Kernplanungen

  • Bauten: Wohnungsbau, Universitätsbauten, öffentliche Bauten, Verwaltungs-, Gewerbe- und Laborbauten

  • Expertentätigkeit: Vorbereitung und Durchführung von Wettbewerben

Lehrtätigkeit

  • Gastdozent “visiting architect” an der Washington University, St. Louis, USA

  • Gastdozent an der University of New Mexico, Albuquerque, USA

  • Gastvorlesungen an den technischen Hochschulen von Nanjing und Dalian, VR China

  • Redaktioneller Mitarbeiter der Schweizerischen Bauzeitung 1959-1965.

Mitgliedschaft und Arbeit in Fachvereinigungen:

  • BSA: Bund Schweizer Architekten, Mitglied des Zentralvorstandes 1973-1977 und Präsident Arbeitsgruppe Wohnen BSA 1986-1990

  • SIA: Schweizer Ingenieur- und Architektenverein

  • SWB: Schweizerischer Werkbund

  • BSP: Bund Schweizer Planer

  • ZAS: Zürcher Arbeitsgruppe für Städtebau

  • ZBV: Zürcher Bau- und Verkehrsfragen, Präsident 1967-1969

  • Europan Schweiz: Mitglied des Comité national 1989-2003

Jakob Schilling stellt beim Rückblick auf sein Werk fest, dass er immer nach dem gleichen Prinzip gearbeitet hat. Ihm ist die Planung wichtiger als das einzelne Objekt.

Zuerst planen, dann bauen

Architekt ist Jakob Schilling wegen Viktor Schmid geworden. Er hat als junger Architekt in seinem Vater, damals Direktor bei Walo Bertschinger, und im Nachbarn, SBB-Ingenieur Hans Hiltiker, zwei seiner ersten Bauherren gefunden. Es war ein gutes Haus, in dem Jakob Schilling in Kilchberg aufgewachsen ist. Und so wusste er früh, dass er Architekt werden will.

Im Praxisjahr während des Studiums an der ETH arbeitete er ein halbes Jahr im Architekturbüro der finnischen Staatsbahnen und ein halbes Jahr bei Pierre Vago und Jean Dubuisson in Paris. Dort wohnte er im Pavillon Suisse von Le Corbusier. 1956, nach dem Diplom, arbeitete er bei Rudolf Olgiati in Flims. Über Mittag fuhr er jeweils Ski, doch eines Morgens waren seine Stöcke zerbrochen. “Ruedi hat gesagt, in dieses Haus kommt kein Metall”, erklärte Olgiatis Freundin. Er hat Jakob Schilling stark beeinflusst bei der Wahl von Gestaltungsprinzipien und Materialien. Das zeigt sich bei seinen Projekten, zum Beispiel beim Haus von 1965 mit 21 Eigentumswohnungen auf der Lenzerheide oder beim Ferienhaus Pradé in Madulain.

Nach einer Anstellung im Büro Häfeli Moser Steiger gründete Jakob Schilling mit Walter Moser und Heinz Ronner eine Bürogemeinschaft. Dort entwickelten sie zusammen das MRS-Holzbau-Vorfabrikationssystem, dessen Elemente sich ohne Schraube und ohne Leim zu verschiedenen Grundrissen zusammenstellen liessen. 200 Häuser wurden mit diesem System in der Schweiz gebaut. Zudem machten sie als Teil von Ernst Gisels Quartierplan das Alpha-Appartmenthaus in Davos. Dann wurden Heinz Professor am Poly, und Walti hat Kirchen gezeichnet. So haben sie die MRS-Lizenz verkauft.

“Planen Bauen”, so heisst die Monografie, die Werner Blaser über seine Arbeiten verfasst hat. Mit Planung meint Jakob Schilling die Gestaltung eines Quartiers. Eine gelungene Planung soll den zukünftigen Benutzern Lebensqualität, Freude und Heimat bringen, und sie soll lange Zeit tauglich sein. Im Auftrag des Kantons und der Gemeinde plante er den Ausbau von Greifensee von 400 auf 5’000 Einwohner. Er staffelte die Häuser, sodass möglichst viele Leute vom See profitieren können. Auch das Dorfzentrum von Geroldswil ist eine Gesamtplanung, auf einem Raster von 2,26 Meter, wie bei Le Corbusier. Der Dorfplatz ist auf diesem Raster aufgebaut, das Gemeindehaus und ebenso Walter Mosers Kirche. Das Dorfzentrum ist nun im kantonalen Inventar der Denkmalpflege. Die Planung für den Kern von Cham führte 1991 sogar zum Wakkerpreis. Ein wichtiges Erlebnis war 1981 sein Aufenthalt als Dozent an der Universität von New Mexiko in Albuquerque. Seine Student*innen der Masterclass analysierten das unattraktiv gewordene Stadtzentrum in Downtown. Sie erarbeiteten einen Gestaltungsplan, der bei Behörden und Investoren grosse Beachtung fand. Dieser Aufenthalt war nur möglich, weil Jakob Schilling gute Mitarbeitende hatte, die das dreissigköpfige Büro am Laufen hielten. Zu jener Zeit waren sie gerade mit den Bauten für die Universität Irchel beschäftigt, mit dem Lichthof, der Mensa und dem Staatsarchiv. Sein Lieblingshaus? Er habe keines. Aber er freue sich an den vielen Bauten, die er mit seinen Mitarbeitenden realisiert habe. Speziell ist das Wochenendhaus in einer Kiesgrube auf dem Oberalbis, das aus Ausschusselementen für ein Militärkugelbunker besteht. Auch das Einkaufszentrum Volkiland aus einem Vorfabrikationssystem aus Beton und Stahl gefällt ihm sowie die Uferpromenade am Bellevue in Zürich, wenn sie an schönen Tagen voller Menschen ist.

Textoriginal von Werner Huber

Alltagsarchitektur

JAKOB SCHILLING: PLANEN BAUEN

Alltagsarchitektur

Exzerpt aus:
PLANEN BAUEN
J. SCHILLING & W. BLASER
(Edition Sturm, 2005, S. 4)

 

“Die Planungen und Bauten von Jakob Schilling können mit Alltagsarchitektur bezeichnet werden.

Alltagsarchitektur bedeutet nachhaltiges Bauen, Alltagstauglichkeit, “sustainable” wie es auf Englisch heisst. Also haltbare, lange Zeit taugliche, ressourcenschonende, kostengünstige Architektur. Nach Vitruv ist es überdies die Pflicht eines Baumeisters, dass ein Gebäude die Eigenschaft und die Qualität besitzt, über sich hinaus auf einen geistigen Gehalt zu verweisen. Oder wie er es ausdrückte: “Ich möchte, dass mein Tempel die Menschen bewege.”

Jakob Schillings planerisches Vorgehen geschieht immer mit Sensibilität. Es zeichnet sich aus durch die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge, wie etwa den Einbezug der rNatur ins Baugeschehen, anschaulich zu machen. Nicht von ungefähr bevorzugt er neben dem im Kontrast zur Natur stehenden weissgestrichenen Putz das mit der Natur verbundene Baumaterial Beton - wie auch eines seiner grossen Vorbilder: Le Corbusier.

Die Auswahl der Arbeiten zeigt einerseits Prototypen der Vorfabrikation und das Bauen mit Elementen, andererseits Bauten, die sich in den städtischen oder ländlichen Kontext integrieren. Jakob Schilling ist Teil einer Schweizer Architektengeneration, welche beeinflusst von der Moderne der dreissiger Jahre, einen eigenen Weg des verantwortungsvollen Bauens suchte.”

Werner Blaser